#Valentinstag – Minutengeschichte: Herzen und Rosen

Klebte da ein Blatt auf dem Apfel? Egal, der würde auch mit Beilage schmecken. Elefantin Rupa hielt inne. Vielleicht war das giftig. Diese seltsame Form hatte sie noch nie gesehen. Besser, wenn sie das Blatt abmachte. Nachher bekam sie noch Bauchweh und deshalb eine Spritze. Darauf konnte sie verzichten.
Mit dem Rüssel versuchte das wohlgenährte Dickerchen, das vermeintliche Blatt zu entfernen, aber es ging nicht. Da war nichts. Wieso war dann dieser seltsame geformte helle Fleck inmitten der roten Fläche? Das verstand sie nicht.
„Unsere Betreuer mögen mich am liebsten“, sagte Astrid überschwenglich. „Ich habe einen Apfel mit einem aufgemalten Herz bekommen.“
Ein Herz! Genau! Das hatte so eine komische Form und sah wie ein Blatt aus. Wenn das nicht schädlich war, konnte sie endlich ihren Apfel schmausen. Astrid bildete sich wieder was ein. Die verrückte Nuss war auf der Beliebtheitsliste noch hinter Else, glaubte sie jedenfalls. Auf alle Fälle war sie weit hinter ihr.
„Ich habe auch ein Herz auf meinem Apfel. Brauchst dir nichts einbilden“, sagte Rupa, schnappte sich ihren Apfel und steckte ihn sich ins Maul. Köstlich! Gab es vielleicht noch einen?
„Ich habe auch ein Herz“, sagte Darjeeling.
„Wir haben alle Herzen auf unseren Äpfeln“, meldete sich Hilde zu Wort, bevor jeder einzeln aufzählte, dass auch er das Herz habe.
„Menno!“, sagte Astrid beleidigt. „Ich dachte…“
„Fang gar nicht erst zu denken an“, meinte Emma, die es nicht unterlassen konnte, ihre Halbschwester zu ärgern.
„Wer kriegt denn immer Ärger, weil er denkt, er müsse zeigen, wer die Ranghöhrere ist?“, konterte die verrückte Nuss und drehte sich weg. Emma war nur zu ertragen, wenn man sie nicht sah und nicht hörte und sie einem nicht das Futter streitig machte.
„Hat das was mit den Rosen zu tun mit denen ich vorhin posieren musste?“, wollte Paula wissen. Ihr hatte das gar nicht gefallen, weil die Blüten nicht geschmeckt hatten. Da gab es viel schmackhaftere Blumen als Rosen.
„Heute ist doch der komische Tag, wo Herzen verschenkt werden“, sagte Hilde, die diesen Tag seit Jahrzehnten kannte, den Sinn und Zweck aber immer noch nicht verstanden hatte. „Herzen und Rosen gehören zusammen, merkt euch das.“
„Du hast ein Herz hochgehalten und mich bald aus dem Bild gedrängt“, erinnerte sich Paula.
„Man hatte mir doch gesagt, ich solle weiter nach rechts gehen. Das du dort gestanden hast, dafür kann ich nichts. Ich mache nur, was man mir sagt.“
„Seit wann denn das?“, wollte Gisela wissen.
„Schon immer.“
Von wegen! Davon, dass Hilde immer machte, was sie wollte, konnte sie ein Lied singen.
„Warum sind das Herzen?“, wollte Darjeeling wissen.
„Herzen stehen bei den Zweibeinern dafür, dass sie jemanden mögen. Deshalb dachte Astrid auch, dass…“
„Ich denke nicht“, kam es von der verrückten Nuss.
„…dass sie der Liebling unserer Betreuer wäre.“
„Und die Rosen?“, ließ Darjeeling nicht locker.
„Die haben die gleiche Farbe wie die Herzen und deshalb gehören sie zusammen.“
Elefantin Hilde hatte keine Ahnung, ob das stimmte, aber wer von den anderen konnte schon das Gegenteil behaupten? Jedenfalls tauchten rote Herzen immer mit roten Rosen auf. Warum das so war, wusste sie nicht. Die Zweibeiner würden sich schon was dabei gedacht haben. Und solange man ein Foto mit ihr machte, würde sie sich sogar eine Herzgirlande um den Kopf hängen. Ihr bedeutete das nichts und anderen gefiel das bestimmt.
(Helen Hoffmann)

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