#charaktersofseptember Tag 27 – Wann hast du das letzte Mal geweint und warum?

Das ist etwas, was ich gar nicht gerne erzähle, denn weinen ist eine Art Schwäche. Ich weine nicht nur, wenn ich traurig bin, sondern kann dabei auch furchtbar wütend sein. Mag sich seltsam anhören, ist aber genau so, wie ich sage.
Also gut, wann habe ich das letzte Mal geweint? Mag schon einige Zeit her sein, genau erinnere ich mich nicht mehr daran, aber ich weiß noch, warum ich weinte. Ich sah mir Bilder von Tausendschön an, die ihr belgischer Zoo auf Facebook eingestellt hatte. Auf diesem Bild war Mala stand Mala an der Zuschauertribüne und wurde von vielen Kindern gestreichelt. Vom Gesichtsausdruck der Elefantin konnte man aber sehen, dass es ihr nicht gefiel und sie am liebsten weggegangen wäre. Mala liebt menschliche Aufmerksamkeit, aber sie mag es überhaupt nicht, wenn sie wildfremde Menschen anfassen. Das ist ihr zuwider.
Als ich Malas Gesichtsausdruck sah, musste ich weinen, weil sie mir leidtat.
Vielleicht mag sie in Belgien ein besseres Leben haben, aber wenn ich ihre Augen sehe, dann weiß ich, dass sie ihre alte Heimat unendlich vermisst. Sie zeigt es nicht, wenn sie weiß, dass sie beobachtet wird. Nur wenn sie glaubt allein zu sein, dann sieht man, dass ihre Fröhlichkeit nur gespielt ist.
Mala vermisst ihr Zuhause sehr, aber eine Rückkehr scheint aussichtslos. Es ist und bleibt mein größter Wunsch, dass sie doch noch eines Tages zurückkehren wird. Ein utopischer Wunsch, aber ich gebe ihn nicht auf.
Solange besuche ich die alte Socke in ihrem Exil. Tausendschön freut sich, wenn sie mich sieht und will mich gar nicht gehen lassen. Manchmal muss ich ihr Versprechungen machen, dass ich die Woche drauf wiederkommen würde, damit sie mich endlich gehen lässt. Sie ist mit allen Wassern gewaschen und weiß sich durchzusetzen.
Ich vermisse meine alte Socke und deshalb weine ich ab und zu immer noch, wenn ich sie in ihrem belgischen Exil sehe. Es ist besser geworden, mir kommen nicht mehr bei jedem Bild die Tränen, aber dennoch bleibt es traurig, zu wissen, dass sie sich immer noch nach Zuhause sehnt. Dabei hat sie in Belgien alles, was sie sich wünschen kann, doch wenn es nicht die Heimat ist…
(Helen Dalibor)

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