#nanowrimoinch2018 Tag 26 – Verrate uns, was dein Lieblingsschnipsel ist

Die Tür klappte. War er noch einmal eingeschlafen?
Als er die Augen öffnete, starrte er in ein Gesicht. Er erschreckte sich fürchterlich und kniff die Augen wieder zusammen.
Wer war das? War das ein Seelenloser, der in sein Zimmer eingedrungen war? Das Gesicht hatte nicht wie diese Wesen ausgesehen. Es war … Es hatte freundlich gewirkt, der Blick war neugierig gewesen.
Konnte er es wagen und die Augen öffnen? Würde man ihm nicht die Seele rauben, wenn er das Gesicht ansah?
„Bist du ein Weichling, dass du Angst vor mir hast?“, hörte er auf einmal eine kindliche Stimme. Das Gesicht gehörte keinem Erwachsenen, sondern jemandem, der nicht älter als er war.
Vorsichtig öffnete er die Augen und sah eine kleine Gestalt an seinem Bett stehen, die eine kunstvoll gestaltete Stoffpuppe in der Hand hielt. Sie musste teuer gewesen sein.
„Wer bist du?“, wollte er wissen.
„Du bist unhöflich“, erwiderte das Mädchen. „Der Gast stellt sich immer zuerst vor. Danach sage ich dir vielleicht, wer ich bin.“
Die Kleine war nicht auf den Mund gefallen, auch wenn sie hochnäsig war.
„Ich sag dir meinen Namen und dann sagst du mir deinen“, schlug er vor.
Das Mädchen nickte.
„Ich heiße Dorami“, sagte er und blickte das Mädchen erwartungsvoll an. Wie würde sie heißen?
„Das ist ein komischer Name.“ Sie sah ihre Stoffpuppe an, als könne sie sich nicht entscheiden, ihren Namen zu nennen.
Dorami gab sich schon damit zufrieden, dass sie ihm ihren Namen nicht verraten würde, als sie doch noch sprach: „Ich bin Ackhare und eines Tages werde ich über alle Elmen herrschen.“
Angeber!, ging es dem Jungen durch den Kopf, doch er sagte nichts, weil er sie nicht verärgern wollte.
(Henrik Quedburg)

#ZeilentanzChallenge Tag 7 – Schnipsel vom Anfang – Poste einen kleinen Ausschnitt vom Anfang aus deinem aktuellen Projekt

Der Händler war abgelenkt, die Gelegenheit günstig. Jetzt musste er es wagen. Er brauchte nur an den Stand herantreten, die Hand ausstrecken und nach dem Apfel greifen.
Noch einmal wandte er den Kopf in alle Richtungen. Niemand beobachtete ihn – den kleinen Jungen.
Seine Hand schnellte nach vorne, umfasste den Apfel. Er drehte sich halb, wendete sich vom Stand ab und wollte gerade weglaufen, als er unsanft am Kragen gepackt wurde.
„Wenn haben wir denn da?“, tönte eine knurrige Stimme an sein Ohr.
Der Junge hing in der Luft und zappelte mit den Beinen. So sehr er auch versuchte, sich loszureißen, es gelang ihm nicht.
„Hast du noch nie davon gehört, dass man für die Dinge auch zahlen muss, die man haben will?“
Der Junge versuchte den Apfel unauffällig loszuwerden, den er immer noch in Händen hielt. Langsam öffnete er seine Finger und der Apfel fiel zu Boden.
„Ich habe nichts“, sagte er und versuchte, den Mann direkt in die Augen zu schauen, obwohl er eine wahnsinnige Angst hatte.
„Du hast nichts?“
Der Mann glaubte ihm nicht. Noch mehr Angst machte ihm allerdings der verschlagene Blick. Der Händler hatte nichts Gutes im Sinn. Der Junge spürte, wie ihm eine Hand in die Tasche fuhr.
„Was haben wir denn da? Nach nichts sieht das nicht aus.“
Die Hand fuhr aus seiner Hosentasche. Triumphierend hielt der Händler einen Geldbeutel in die Höhe.
„Du hast mich bestohlen, du Rotzlöffel!“
(Henrik Quedburg)