Immer gab es nur diese Stinkermöhren. Die mussten doch mal alle sein. Aber nein, jeden Tag wurde sie aufs Neue enttäuscht. Na ja, wenigstens waren noch ein paar Kohlrabistücke dazwischen. Die Apfelspalten schmeckten auch nicht besonders, nur nach Wasser. Was hatten die früher noch Geschmack gehabt. Wenn wenigstens mal ein paar Rosinen unters Futter gemischt würden oder es eine saftig süße Wassermelone geben würde. Nein, immer nur diese Stinkermöhren!
Lustlos warf sie die Stücke zur Seite, Hilde vor die Füße.
„Sei nicht so mäkelig beim Essen, Lindi. Kein Wunder, dass du immer weiter abmagerst. Siehst aus wie ein Dünnmops.“
„Lieber eine Bohnenstange, als so dick wie du.“
„Was?“, sagte Hilde entrüstet und rempelte Sieglinde an. „Ich bin nicht dick, bloß wohlgenährt. Merk dir das! Außerdem habe ich abgenommen.“
„Zwei Gramm.“
„Nee, zweihundert. Hatte mich schon gewundert, warum ich mich so schwächlich fühlte.“
Sieglinde schnaubte. Die dicke Hilde passte schon auf, dass sie nicht verhungerte. Seltsamerweise bekam sie immer, was sie wollte. Wie machte sie das nur? Grimassen ziehen wie Trine und ein trauriges Gesicht machen, konnte sie nicht, außerdem bekam die auch nicht immer was. Hilde musste irgendeinen anderen Trick beherrschen. Nur welchen?
„Morgen soll’s Rote Beete geben, hab ich gehört“, riss Hilde sie aus ihren Gedanken. „Da solltest du zuschlagen, ich überlass dir auch was von meiner Ration.“
Das klang besser, als es war. Dieses joviale Verhalten kannte Sieglinde. Am Ende trat ihr der Dünnmops drei kümmerliche Knollen ab, die nicht einmal ihren hohlen Zahn füllen würden.
Wie wurde sie Hilde nur los, bevor diese wieder davon anfing, dass es völlig egal sei, was sie zu fressen bekamen, Hauptsache man hielt sein Gewicht. Denn dünne Elefanten gewännen keine Schönheitswettbewerbe. Und die dicke Hilde sei natürlich der schönste Elefant weit und breit, wenn nicht sogar der ganzen Welt. An Selbstüberschätzung würde sie natürlich nicht leiden.
Unauffällig sah Sieglinde sich um und entdeckte Ingrid, die wieder an eingebildeter Reizblase litt.
„Von deinen verrückten Untertanen hat Ingrid wieder Vorstellungen.“
Widerwillig unterbrach Hilde ihren Festschmaus.
„Ingrid, du verrückte Nuss, die Toilette ist woanders.“
Die angesprochene Kuh zog von dannen. Zufrieden nahm Hilde einen Rüssel voll Möhren und wollte Sieglinde was von Schönheitswettbewerben erzählen, als sie merkte, dass diese sich einfach fortgeschlichen hatte.
Gut, sollte Lindi weiter Möhren verschmähen, blieb mehr für sie übrig.