#nanowrimoinch2018 Tag 21 – Notizbücher … das Heiligtum aller Autoren. Gewähre uns einen Blick drauf … oder hinein

Einen Blick in mein Notizbuch gibt es sicher nicht. Meine Ideen zu neuen Kurzgeschichten oder einem der nachfolgenden Romane verrate ich nicht. Also bleibt nur der Blick auf das Notizbuch.
(Henrik Quedburg)

#LovemyVillain Tag 12 – Hast du Geschwister? Falls ja, verstehst du dich mit ihnen?

Muss ich jetzt an Waari erinnert werden? Jede Sekunde, wo ich an meinen Zwillingsbruder denke, hätte ich besser nutzen können.
Waari und ich sind eineiige Zwillinge. Deshalb trägt der Weichling eine Maske, damit ihn niemand mit mir verwechseln kann. Was für ein Quatsch, aber diese Vorsichtsmaßnahme spielt mir in die Hände. Weil niemand Waaris Gesicht kennt, ist auch meines unbekannt und so kann ich unter den Elmen wandeln, ohne dass sie wissen, wer ich in Wirklichkeit bin. Wenn mein Bruder das wüsste…
Wir beide verstehen uns überhaupt nicht. Immer wurde er mir vorgezogen und selbst wenn er etwas angestellt hatte, bekam nicht er den Ärger. Nein, immer war ich es, der den Kopf hinhalten musste. Darauf hatte ich irgendwann keine Lust mehr. Immer im Schatten des eigenen Bruders zu stehen, kann einen mürbe machen. Zwar sollte ich der Beschützer Anebas werden, so hatte Eritrem es bestimmt, aber konnte ich mir sicher sein, dass er seine Meinung nicht noch ändern würde?
Als mir Thaddaeus die Finsternis schmackhaft gemacht hatte, war ich überzeugt, dass ich nur an Geps Seite zum Ziel gelangen würde. Lange Zeit sah es so aus, doch dann wurde alles anders… Na ja, das wird hier nicht gefragt, also verrate ich es nicht.
(Henrik Quedburg)

#aprilsettings18 Tag 13 – Gibt es eine Besonderheit an deinem Schauplatz und wenn ja, welche? Ist diese wichtig für die Geschichte?

Bei WIE ALLES BEGANN kann ich das verneinen. Es gibt keine Besonderheit bei den einzelnen Schauplätzen.
Anders verhält es sich bei DIE ROLLEN DES SETH. Dort spielt ein Teil der Handlung in einem Zoo. Besonders an diesem Schauplatz ist ein Dinosaurier, der innen hohl ist. Dieser Dino hält jemanden versteckt, von dem jeder glaubt, er sei mit der Völkerschau weitergezogen.
Die Besonderheit bei IM ZEICHEN DES DENKMALS ist das Völkerschlachtdenkmal und zwar sind es die Katakomben. Diese bergen ein Geheimnis. Und das hat nichts mit den Freimaurern zu tun, sondern mit einem Zaren.
(Helen Dalibor)

#charaktersofseptember Tag 10 – Hast du ein Geheimnis von dem niemand weiß?

Natürlich habe ich ein Geheimnis, aber wenn ich das jetzt verrate, ist es natürlich keines mehr. Deshalb werde ich auch nichts dazu sagen, denn ich kann Geheimnisse behalten.
Nur so viel, es hat mit Hatschepsut zu tun. Aber was? Nun ja, dazu muß man schon die Romane lesen, wo ich die Titelheldin bin. Könnte sein, dass es dort mal erwähnt wird.
(Helen Dalibor)

#charaktersofseptember Tag 4 – Wie siehst du dich selbst?

Wenn einer meiner Freunde in Gefahr schwebt, versuche ich diesen zu retten. Ansonsten bin ich hilfsbereit, habe immer ein offenes Ohr und gebe keine Geheimnisse weiter.
Ich weiß sehr viel und gebe dieses Wissen auch gerne weiter.
Besonders gut bin ich im Erfinden von Ausreden, wenn ich bestimmte Arbeiten nicht erledigen will, wie beispielsweise das Klo zu putzen. Das gelingt mir sehr gut und bisher bin ich noch immer damit durchgekommen.
Man kann mir Aufgaben anvertrauen und ich werde sie bearbeiten. Dauert vielleicht etwas, aber ich bin immer noch fertig geworden.
Manchmal verzettle ich mich gerne und komme vom Hundertsten ins Tausendste.
Sonst noch etwas?
Ach ja, ich bin ein Mensch zum Pferde stehlen wie es so schön heißt. Dabei mag ich Pferde nicht, weil die stinken.
(Helen Dalibor)

#Autorenwahnsinn Tag 1 – Woran schreibst du diesen Sommer?

Eigentlich widme ich mich immer mehreren Projekten gleichzeitig. Das ist dieses Mal aber anders. So schreibe ich diesen Sommer nur an IJ7. Das hat einen guten Grund, denn ich will mit dem Roman endlich fertig werden. Also schreibe ich und schreibe ich und schreibe ich…
Gut voran geht es. Damit ich noch mehr schreibe, habe ich Kapitelzusammenfassungen geschrieben, allerdings füge ich meist noch einige Kapitel dazwischen ein, weil ich finde, dass da noch irgendetwas fehlt. Tja, wie man etwas plant, so funktioniert es einfach nicht.
Der Roman ist das siebte Abenteuer von der Ägyptologin und Archäologin Isis Just. Es wird – wieder einmal – um ein geheimnisvolles Dokument gehen, hinter dem noch andere her sind. Denn dieses Schreiben ist ein Gutachten, dass großes Aufsehen erregen könnte, besonders da 500 Jahre Reformation gefeiert wird.
Unversehens gerät Isis Just in einen Strudel aus Verschwörungen und Geheimnissen. Von allen Seiten scheint der Gegner zu kommen. Ihre Freundin Karla wird wegen Mordverdachts verhaftet und kommt ins Gefängnis. Nun liegt es an Isis, die Unschuld ihrer Freundin zu beweisen. Dabei kommt sie einem uralten Familiengeheimnis auf die Spur.
Daran schreibe ich diesen Sommer. DAS GUTACHTEN wird Ende September als ebook erscheinen.
(Helen Dalibor)

Leseprobe aus dem neuesten Isis Just – Thriller

Lange ist es angekündigt worden, hier ist es nun endlich: Das erste Kapitel aus IJ7. Worum es gehen wird, dürfte ersichtlich sein. Ich hatte bereits davon gesprochen, dass es um Martin Luther gehen wird. In diesem Kapitel geht es darum, wie die 95 Thesen ihren Weg an die Tür der Wittenberger Kirche fanden. Eine Theorie von vielen, denn nichts genaues weiß man nicht. Danach wird es nicht weiter um die 95 Thesen gehen, sondern um ein Schriftstück, das ein Professor in einem Archiv gefunden hat und für sein Wissen sein Leben lassen muss.

Oktober 1517
Sollte es das gewesen sein? Nächtelang hatten sie diskutiert, Thesen aufgestellt und aufgeschrieben, die diesem gottlosen Handel ein Ende machen sollten. Anstatt das alle Welt davon erfuhr, waren Briefe mit den Thesen verschickt worden. Briefe! Darüber könnte er lachen, wenn es ihn nicht so wütend machen würde.
Wenn diese Thesen wenigstens wieder als Stoff für Diskussionen in seinen Unterrichtsstunden dienen würden. Doch nein, dieses Mal hatte er anderes damit vor. Nicht seine Studenten sollten darüber diskutieren, sondern XX und XY sollte es dazu anregen, den Ablasshandel noch einmal zu überdenken.
Friedrich der Weise hatte in seinen Landen den Ablasshandel verboten, sodass dieser Dominikaner bei ihnen keinen Pfifferling verdiente. Stattdessen machten sich die Menschen nach Jüterbog oder anderen Städten auf, die in ihrer Nähe lagen und wo es ihnen möglich war einen Ablass für sich und ihre Lieben zu erhalten.
Merkte denn niemand, dass die Tinte nicht mehr wert war als das Papier auf dem es gedruckt war? Warum gaben dann viele ihr letztes Geld, nur damit sie selbst nicht ewig im Fegefeuer brennen mussten?
Man konnte sich nicht einfach mit einem Blatt Papier von seinen Sünden freikaufen. Absolution bekam man nur in der Kirche, wenn man aufrichtig bereute, alles andere war Teufelswerk!
Aber es klang auch zu verlockend, wie dieser Hund des Papstes ihnen vorgaukelte, dass die Seele sofort in den Himmel springen würde, sobald man bezahlt hätte. Blasphemie war das!
Nur solange der Papst seine schützende Hand über diesen gottlosen Handel hielt, konnte man wenig tun. Man konnte versuchen, die Menschen vor diesem wertlosen Papier zu warnen, nur wollten sie nichts hören. Seit Jahrhunderten wurde ihnen gesagt, dass sie nach dem Tod ins Fegefeuer kämen, egal welch ein gottgefälliges Leben sie geführt hatten. Dort mussten sie ausharren bis ihre Sünden gebüßt waren. Erst wenn dies geschehen war, stiegen ihre Seelen in den Himmel auf.
Was brachte es, den Menschen Angst einzujagen? Gottesfürchtiger würden sie davon auch nicht werden und nach Gottes Recht und Gesetz würden sie auch nicht handeln.
Es gab eine Hölle und es gab den Himmel, alles andere war Blödsinn!
Wer seine Sünden aufrichtig bereute, kam in den Himmel, während alle anderen in der Hölle schmoren mussten. Da würde sie kein Ablassbrief vor schützen. Man konnte doch nicht sündigen und sich anschließend mit einer Münze von diesen Sünden befreien lassen, egal wie schlimm die Schuld war, die man auf sich geladen hatte.
Ihre Kirche war verkommen. Jeder bereicherte sich und dachte nur an sich selbst. Gott kam erst an zweiter, dritter oder sogar erst an vierter Stelle.
Das alles musste sich ändern. Den Menschen mussten die Augen geöffnet werden, wofür sie ihr Geld ausgaben. Nur wenn sie verstanden, würden sie sich eine Meinung bilden.
Es reichte nicht, wenn man an Höherstehende schrieb oder sich auf Diskussionen mit den Studenten einließ. Davon erfuhr das Volk nichts. Die Wahrheit würde hinter verschlossenen Türen bleiben.
Bruder Martin hatte sich seit Monaten mit dem Ablasshandel beschäftigt. Als er zweifelte, ob er das Richtige tat und seinen Glauben nicht verriet, wandte er sich an ihn. Er hatte Bruder Martin bestärkt, dass man dem Ablasshandel Einhalt gebieten musste, damit die Menschen nicht vom Teufel verführt wurden. Nichts anderes war dieses Freikaufen der Seelen von den Sünden – Teufelswerk!
Bruder Martin hatte ihm seine Begründungen gezeigt, warum der Ablasshandel falsch war, gemeinsam hatten sie die einzelnen Punkte erörtert, schließlich hatten sich Bruder Martins Studenten damit auseinandersetzen müssen. Zu dem Zeitpunkt hatte er gewusst, dass es nötig war, alle Menschen zu erreichen, um den Ablasshandel erfolgreich zu unterbinden. Deshalb hatte er angeregt, Bruder Martin solle seine Thesen noch einmal überarbeiten, sie kürzen, auf den Punkt kommen. So hatten sie die Nächte durchgearbeitet und am Ende waren es 95 Thesen gewesen, die den Ablasshandel verdammten.
Er hatte sie sogleich an eine der Türen der Wittenberger Kirche anbringen lassen wollen, damit alle darauf aufmerksam wurden, die des Lesens mächtig waren und es denen weitergaben, die nicht lesen konnten. In der ganzen Stadt sollten die 95 Thesen kursieren und hinaus über die Grenzen Wittenbergs und Sachsens getragen werden. Nur so konnten den Menschen die Augen geöffnet werden, damit sie begriffen, was sie wirklich taten, indem sie sich von ihren Sünden reinzuwaschen glaubten.
Wenn es wirklich für einen guten Zweck gewesen wäre, hätte er es noch irgendwie verstehen können, dass man für einen Ablass Geld zahlte. Aber die Münzen wanderten nicht in die Armenkasse, sondern gingen direkt an den Heiligen Vater in Rom. Der saß auf seinem Thron, wurde immer fetter und machte sich keine Gedanken darüber, welch gute Werke er mit dem ganzen Vermögen tun könnte. Nein, der Heilige Vater nahm die Münzen für sich selbst. Der Bau des Peterdoms wurde damit finanziert, der sich immer noch im Bau befand. Wenn sich Fürsten, Herzöge, Könige und Kaiser prachtvolle Residenzen leisteten, warum sollte der Papst, der Stellvertreter Gottes auf Erden, zurückstehen?
Wo war die Demut geblieben? Wo die Bescheidenheit? Man brauchte kein Gold, kein Geschmeide und keine pompösen Bauwerke, um die Menschen Gott näher zu bringen. Man brauchte ihnen nur zuhören, ein Ohr für ihre Sorgen und Nöte haben. Wenn man die Menschen verstand, konnte man viel erreichen. Doch der Heilige Vater saß in Rom und kümmerte sich einen Dreck um die Gläubigen. Ihm war völlig egal, was mit ihnen geschah, schürte ihre Ängste, indem er dem allgemeinen Glauben an das Fegefeuer nicht widersprach, wo die Seelen der Verstorbenen für einige Zeit zubringen mussten, damit sie makellos, ohne Sünde, in den Himmel aufsteigen konnte. Wie sollte er sonst weiter an den Menschen verdienen, wenn er sagte, dass es das Fegefeuer nicht geben würde?
Ihnen mussten die Augen geöffnet werden und dafür würde er sorgen, egal was Bruder Martin dazu sagte. Die Obrigkeit würde dieses Problem nicht lösen. Man brauchte die kleinen Leute, um etwas zu bewegen. Das würde seine Aufgabe sein und er würde sie zu aller Zufriedenheit lösen.
Bruder Martin hatte die 95 Thesen drucken lassen, um sie zu verschicken. Er hatte ein weiteres Exemplar bestellt, um seinen Plan verwirklichen zu können. Sein Vorhaben würde von Erfolg gekrönt sein. Danach könnte niemand versuchen, die Schlechtigkeit des Ablasshandels unter den Teppich zu kehren. Den Menschen würden die Augen geöffnet werden und niemand würde mehr ein unbedeutendes Schriftstück kaufen, das nicht einmal die Tinte wert war, mit der man den Text geschrieben hatte.
Morgen Abend würde er sein Werk vollenden und die 95 Thesen gut sichtbar am Aushang der Wittenberger Kirche anbringen, damit alle, die des Latein mächtig waren, es lesen und weitergeben konnten. Am Tag vor Allerheiligen würden die Menschen sich darüber unterhalten und erkennen, dass der Ablasshandel ein Pakt mit dem Teufel war.
Es war alles vorbereitet. Nägel und einen Hammer hatte er bereitgelegt. Das Papier mit den 95 Thesen lag unter seinen wenigen Papieren auf seinem Schreibpult. Nun würde er noch einen Grund finden müssen, wie er abends das Kloster verlassen konnte, ohne dass man ihm den Ausgang verwehrte. Er würde sich etwas einfallen lassen und dann würde ein neues Zeitalter des Glaubens beginnen.

IJ7 wird im Sommer 2017 erscheinen!

Im Zeichen des Denkmals veröffentlicht!

Für den Monat November war das neueste Abenteuer von Isis Just angekündigt worden und am 30. November war es endlich so weit: IM ZEICHEN DES DENKMALS wurde veröffentlicht.
Am nächsten Tag musste noch ein kleiner Fehler ausgemerzt werden, es gab tatsächlich zwei Kapitel 47. Das ist schnell behoben worden und danach hieß es warten. Wann würde der Roman endlich an die angeschlossenen Vertriebskanäle von Neobooks ausgeliefert werden? Gestern war es endlich so weit und heute ist IM ZEICHEN DES DENKMALS bereits bei den Tolino-Vetriebskanälen wie Weltbild oder Hugendubel erhältlich.
Das ebook kostet 5,99 Euro, ist also einen Euro teurer als der Vorgänger DIE ROLLEN DES SETH, dafür ist der Umfang aber auch höher.
Worum geht es nun in dem Thriller?
Napoleon Bonaparte ist 1812 in Russland eingefallen. In Moskau findet der sächsische Soldat Heinrich Kalditz seinen Bruder nach dem großen Brand tot auf. Bei ihm entdeckt er eine Karte, die auf einen Ort hinweist. Mit der Hilfe des Mädchens Irina kann er diesen Ort ausfindig machen und kommt einem schrecklichen Geheimnis auf die Spur.
Zweihundert Jahre später findet die Wissenschaftsjournalistin Karla Urban die herausgerissen Seiten eines Tagebuchs. Der Schreiber erzählt von einem großen Fund, den Napoleon für sich beanspruchte. Ihn an sich bringen konnte er nicht und der Schatz wurde versteckt. Die Wissenschaftsjournalistin wendet sich an ihre Freundin, die Archäologin Isis Just. Gemeinsam versuchen sie, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, was vor zweihundert Jahren in Moskau gefunden wurde und wo dieser Fund sich heute befindet. Doch sie sind mit ihrer Suche nicht allein. Eine andere Gruppe, die seit Jahren Kenntnis von dem Geheimnis hat, versucht, an die Tagebuchseiten zu gelangen. Dabei schrecken sie vor nichts zurück. Werden Isis Just und ihre Freundin das Geheimnis um den Fund rechtzeitig lösen, bevor ihre Gegner sie eingekreist haben?

Darum geht es. Um einen uralten Schatz, der in Moskau gefunden und irgendwo in Leipzig oder Umgebung versteckt wurde. Wie der Titel bereits andeutet, scheint das Völkerschlachtdenkmal etwas damit zu tun zu haben. Steckt der Schatz irgendwo im größten Denkmal Deutschlands oder gibt es dort einen Hinweis, wo sich der Schatz befinden könnte?
Wer das wissen will, sollte nicht zögern, IM ZEICHEN DES DENKMALS zu holen und mit dem Lesen zu beginnen.

P.S.
Elefantendame ist natürlich auch wieder mit dabei. Dieses Mal allerdings nicht mehr in Hamburg, sondern in Belgien, wo sie seit Juli 2012 lebt.
Ums alte Ägypten wird es dieses Mal nicht gehen, sondern um den ersten russischen Zaren Iwan den Schrecklichen.
Jetzt wird Schluss gemacht, bevor noch mehr verraten wird. Also lesen, lesen, lesen!
Erhältlich bei neobooks, Weltbild, Hugendubel und bald auch bei Amazon.

kostenloses Kapitel – Im Zeichen des Denkmals

Hier ein weiteres Kapitel aus dem Isis-Just-Abenteuer „Im Zeichen des Denkmals“.

Moskau, 1583
Wo befand er sich? Hatte er sich in den Sümpfen verlaufen? Wie war er hierher gekommen?
Verzweifelt sah er sich um, versuchte einen Anhaltspunkt zu finden, wo er sich befand. Es war dunkel. Stockdunkel. Er sah die Hand vor Augen nicht. Eben waren die anderen noch da gewesen, jetzt war er völlig auf sich allein gestellt. Wo hatte er sie verloren? Wie waren sie ihm entwischt?
Er versuchte nach ihnen zu rufen, doch seinen Mund verließ kein einziger Ton. Als habe er verlernt zu sprechen. Sein Mund… Er konnte die Lippen nicht voneinander lösen, so oft er es versuchte, sie blieben aufeinander haften, bewegten sich nicht. Was war geschehen, dass er seinen Mund nicht mehr öffnen konnte? Langsam führte er eine Hand an seine Lippen, um das Geheimnis ihrer Unbeweglichkeit zu ergründen. Voller Schrecken senkte er den Arm. Das war unmöglich! Wer konnte so etwas Schreckliches tun, ohne dass er davon etwas gemerkt hatte? Jemand hatte seine Lippen zugenäht. Kein einziges Sandkörnchen konnte noch hindurch. Es war so stramm zugenäht, das nirgendwo etwas eindringen oder entweichen konnte. Er würde verhungern, elendig verhungern und verdursten, weil jemand Gefallen daran gefunden hatte, ihm die Lippen zuzunähen. Wer war so irre, dass er sich so etwas leisten würde? Den einen oder anderen Feind hatte auch er, aber von denen wäre niemand so verrückt, um sich in dieser Art an ihm zu rächen. Das machte alles keinen Sinn.
Wollte jemand an ihm testen, wie lange ein Mensch ohne Essen und Trinken überlebte? Nur warum konnte er sich frei bewegen und war in einem waldähnlichen Gelände, wo er jederzeit auf einen anderen Menschen treffen konnte? Ihn überkam ein Zittern, das von seinen Händen ausging und schließlich seinen ganzen Körper erfasste. Er hatte keine Ahnung, wer ihm das angetan hatte und warum. Eben war er noch mit seinen Kameraden unterwegs gewesen und nun irrte er allein durch eine ihm unbekannte Landschaft. Nicht einmal sehen, wohin er trat, konnte er, weil es so dunkel geworden war. Wenn er nun über eine Baumwurzel stolperte und stürzte? Bewusstlos am Boden liegend, wäre er eine leichte Beute für wilde Tiere. Oder er trat auf die Tatze eines dösenden Bären. Diese Begegnung würde er genauso wenig überleben.
Vorsichtig lief er weiter. Auf einmal begann der Boden unter seinen Füßen zu schmatzen und nur mit Mühe gelang es ihm, seine Stiefel aus dem Morast zu befreien. Jeder Schritt fiel ihm schwerer und irgendwann gelang es ihm gar nicht mehr, seine Füße anzuheben. Er versuchte es mit den Händen, doch er glitt immer tiefer in den Morast. Mit einem Mal spürte er, wie Wasser in seine Stiefel drang. Nun wurde ihm mit aller Deutlichkeit bewusst, wohin er hineingeraten war. Er war mitten in ein Sumpfgebiet gelaufen. Wieso war ihm das nicht früher aufgefallen? Das Haften seiner Stiefel auf dem weichen Untergrund hätte ihm sagen müssen, wo er sich befand.
Er sank immer tiefer. Inzwischen war er bis zu den Knien im Sumpf.
Panik erfasste ihn. Der morastige Boden würde ihn verschlingen. Nichts mehr würde von ihm übrig bleiben, sondern er würde verschwunden Sein, als habe er nie existiert.
Er begann zu schreien. Seine Stimme hallte ungehört in den Wald. Niemand kam, um ihn zu retten. Er war verloren!
Verzweifelt versuchte er sich zu bewegen, um sich doch noch befreien zu können. Anstelle dessen wurde er nur noch schneller in die Tiefe gezogen. Bis zum Hals ging stand ihm der Sumpf und er wusste, dass es keine Rettung mehr für ihn geben würde. Er sparte sich das Schreien, das sowieso niemand hörte und ergab sich seinem Schicksal.
Nur warum hatte es gerade ihn dazu erwählt, so einen grausamen Tod sterben zu müssen? Hätte er nicht in einer Schlacht oder einem Duell sterben können? Gift hätte auch einen schnelleren Tod bedeutet als in einem Sumpf zu versinken. Jämmerlich ersticken würde er. Dabei wollte er noch nicht sterben. Er wollte leben!
Das brackige Wasser hatte seinen Mund erreicht. Er legte seinen Kopf in den Nacken, sah über sich nur Dunkelheit. Kein Stern stand am Himmel. Schwärze wohin er blickte.
Die unsichtbaren Hände griffen nach ihm, zogen seinen Körper tiefer und tiefer hinab. Sein Kopf wurde von der Masse verschlungen. Er hielt die Luft an, doch irgendwann ging es nicht mehr und er öffnete den Mund. Schlamm, Erde oder was immer es war, drang in seine Kehle, in seinen Hals, in seine Lunge. Er wollte husten, wollte atmen, alles gleichzeitig, doch da war keine Luft. Da war gar nichts mehr. Voller Panik öffnete er den Mund zu einem Schrei, noch mehr faule Erde drang in seinen Mund, ließ ihn würgen. Er wollte schreien, nur schreien…
Mit einem Ruck wachte er auf.
Sein Herz pochte heftig, sein Atem ging schnell. Gott sei Dank, es war nur ein Traum gewesen.
Hatte er geschrien? War er von seinem eigenen Schrei wach geworden? Wo war er überhaupt? Alles war schwarz um ihn herum. Lag er überhaupt in seinem eigenen Bett? Vorsichtig tastete er mit den Händen um sich, spürte nichts als feuchten, kalten Boden.
Angst umschloss sein Herz mit festem Griff. War das alles gar kein Traum gewesen und er war tatsächlich in dem Wald gewesen und im Sumpf untergegangen? War er nun im Himmel oder in der Hölle gelandet? Befand sich unter dem Sumpf ein unterirdisches Tunnelsystem? War er gerettet und gleichzeitig gefangen?
Er fuhr herum, als er leises Stöhnen hörte. Was war das? War er nicht der einzige, der im Sumpf untergegangen war? Waren dort noch andere gewesen?
„Wo bin ich?“, hörte er eine Stimme sagen.
Das war Nikolai. Mit einem Schlag erinnerte er sich, was geschehen war. Sie hatten zu vier einige sehr schwere Kisten tragen müssen. Ihnen war nicht gesagt worden, was sich darin befand und warum sie gerade hierhin transportiert werden mussten. Sie hatten den Befehl ausgeführt, wie immer ohne zu fragen. Sie hatten zu gehorchen, sonst würde es ihnen schlecht ergehen. Seitdem Grosny nach Moskau zurückgekehrt war, hatte sich sein Geisteszustand erheblich verschlechtert. Er wandelte durch den Palast, als sei er ein Geist. Der Tod seines Sohnes hatte ihn schwer mitgenommen. Wie konnte man sich auch noch im Spiegel betrachten, wenn man mit der Schuld leben musste, den eigenen Sohn auf dem Gewissen zu haben? Grosny war früher schon unberechenbar gewesen, aber seit einiger Zeit war es ganz schlimm mit ihm. Er schien den Verstand verloren zu haben, nicht erst seit dem Tod seines Sohnes, sondern schon vorher. Aber nun wurde er immer wunderlicher. Sah überall Verschwörer, die seinen Tod wünschten, die sein Vermögen an sich raffen wollten. Niemandem traute er mehr, besonders nicht, seitdem er den Tag seines Todes erfahren hatte. Man hatte es ihm vorenthalten wollen, aber am Ende war es herausgekommen und es hatte Tote gegeben. Tote pflasterten Grosnys Weg. Seitdem er allein herrschte, hatte er sich unerbittlich gegeben, eine eigene Terrormiliz hatte für Angst und Schrecken unter der Bevölkerung gesorgt.
Es hatte sich gebessert bis er seinen Sohn getötet hatte. Seitdem war er nur noch ein Schatten seiner selbst, verfiel zusehends.
Die stärksten unter seinen Wachen hatte er ausgesucht, damit diese Kisten transportiert werden konnte. Was hatte er sich geehrt gefühlt, sich unter Grosnys Auserwählten zu befinden. Inzwischen fragte er sich, ob es tatsächlich eine Ehre gewesen war, diesen Auftrag auszuführen.
„Mein Kopf“, hörte er Nikolai stöhnen. „Das war doch nur ein halber Becher, davon kann es mir nicht so schlecht gehen.“
Es schien, er wolle noch mehr sagen, doch die Schmerzen überwältigten ihn. Sein Kopf tat höllisch weh und das Atmen fiel ihm schwer.
So langsam wurden die Erinnerungen klarer. Sie hatten die Kisten an diesen unwirklichen Ort getragen. Unheimlich hatte das alles gewirkt, doch man hatte nichts gesagt. Zum Dank für ihre Dienste und um sich von den Strapazen zu erholen, hatte man ihnen etwas zu trinken angeboten. Wann bekam man schon Wein angeboten, noch dazu vom Herrscher persönlich? Das Angebot hatten sie alle nicht abschlagen können. Wie es aussah, war es ein Fehler gewesen. In dem Wein musste irgendetwas gewesen sein, dass sie bewusstlos hatte werden lassen. Deshalb hatte er diesen schrecklichen Alptraum gehabt, er würde jämmerlich im Sumpf versinken. Aber wieso hatte man ihnen einen Schlaftrunk gereicht? Was hatten sie verbrochen? Sie hatten nur diese Kisten geschleppt. Die Kisten…
Was war in den verdammten Kisten? Er rappelte sich auf, konnte in der Dunkelheit, aber nicht viel mehr ausmachen als schwarze Punkte, die vor seinen Augen tanzten. Irgendwo hatten sie doch eine Laterne gehabt, wenn er die finden und anmachen könnte.
Tastend stolperte er durch die Dunkelheit. Immer wieder drang Nikolais Stöhnen an sein Ohr. Offensichtlich ging es ihm wieder schlechter. Was war bloß in dem Wein gewesen?
Mit dem Fuß stieß er gegen etwas Weiches. Langsam bückte er sich und ertastete Stoff. Mit einer bösen Vorahnung fuhren seine Finger weiter über den Stoff, glitten über einen Gürtel mit Metallschlaufe. Hoffentlich war es nicht das, was er vermutete. Nun spürte er kalte Haut unter den Fingern, so kalt, dass er sich schütteln musste. Das war ein Hals, dann folgte das Gesicht. Ein Bart, Mund, Nase, Augen, Haare.
„Nein!“, schrie er verzweifelt auf. Wieder berührte er das Gesicht und obwohl er wusste, dass Konstantin tot war, konnte und wollte er es nicht glauben.
Ein Gurgeln riss ihn aus seinen Gedanken. Es war Nikolai.
„Sterbe…“, hörte er ihn sagen. „Hilf, – Alexe…“
Es kam nichts mehr. Das Röcheln war erstorben. Für ihn bestand kein Zweifel, dass Nikolai genauso tot war wie Konstantin. Da er von Pawel nichts hörte, war dieser wahrscheinlich genauso tot wie die anderen beiden. Nur er war noch am Leben.
Wie lange noch?, ging es ihm durch den Kopf. Jeder Atemzug schmerzte ihn, als hätte er etwas Scharfkantiges verschluckt, dass nun in seinen Eingeweiden herumschnitt.
Es musste doch einen Weg aus diesem Raum geben. Sie waren hineingegangen, dann musste man auch hinausgehen können.
Langsam, auf allen Vieren, kroch er über den Boden, stieß immer wieder an die Kisten, die sie transportiert hatten. Schließlich erreichte er eine Wand. Welche es war, konnte er nicht sagen. In der Dunkelheit hatte er jede Orientierung verloren. Vorsichtig tastete er sie ab, ging Meter um Meter vorwärts, doch so sehr er suchte, fand er nicht. Da waren nichts als Steine. Halt, an einer Stelle hatte er nasse Finger bekommen. Drang von oben her Wasser in den Raum. Er stand auf, seine Fingerspitzen ertasteten wieder feuchte Stellen. Aber nicht die ganzen Steine waren feucht, sondern nur vereinzelte Stellen. Mehrmals strich er über eine Stelle bis er sicher war, woran es lag. Das war Putz. Da hatte jemand Steine aufgeschichtet und diese verputzt.
Schweiß brach ihm aus, als er erkannte, was geschehen war. Man hatte ihnen Wein zu trinken gegeben, das mit Gift versetzt gewesen war. Nur bei ihm hatte es nicht richtig gewirkt, sodass er nicht tot war. Anschließend hatte man sie einfach eingemauert. Alles wegen dieser verdammten Kisten! Er konnte es nicht fassen. Diese Kisten bedeuteten seinen Tod.
Angst überkam ihn, dass er jämmerlich verhungern und verdursten, eines qualvollen Todes sterben würde. Seine Kameraden hatten ein besseres Los gezogen als er. Sie waren tot und mussten nicht jämmerlich dahinvegetieren.
Er wollte nicht sterben, wollte leben! Verzweifelt versuchte er die Steine aus der Wand zu drücken. So sehr er sich dagegen stemmte, kein einziger Ziegel bewegte sich von der Stelle. Dafür bemerkte er, wie ihm immer wieder die Augen zufielen und er gegen eine bleierne Müdigkeit ankämpfen musste. Es fiel ihm schwer, weiter Luft zu holen. Als wäre alle Luft in diesem Raum verbraucht und kaum noch etwas da. Die Kopfschmerzen machten sich wieder bemerkbar. Es pochte so heftig gegen seinen Schädel, als würde jemand mit dem Hammer darauf einschlagen. Er krümmte sich zusammen, wollte sich nicht dem Schmerz ergeben. Noch einmal stemmte er sich gegen die hochgezogene Wand, aber seine Kraft reichte nicht mehr aus. Schwerfällig sackte er zusammen. Sein Körper schrie nach Luft.
Er musste hier raus, war sein letzter Gedanke, bevor er das Bewusstsein verlor und langsam in ein anderes Leben hinüberdämmerte. Hatte sein Traum sich am Ende als Wirklichkeit erwiesen. Nur war er in keinem Sumpf in die Tiefe gezogen worden, sondern in einen Raum eingemauert worden. Es hatte kein Entkommen für ihn gegeben.

Hat die Geschichte gefallen? Dann schreib doch einen Kommentar oder drücke auf „Gefällt mir“. Wenn du andere auf diese Minutengeschichte aufmerksam machen willst, kannst du das auch gerne tun.
Und wem sie nicht gefallen hat, der darf natürlich auch einen Kommentar schreiben und sagen, was ihm nicht gefiel. Jede konstruktive Kritik ist erwünscht!

14. Kapitel

Als Masut seinen Schlafraum aufsuchte, nahm er einen fremden Geruch wahr. Sein Blick irrte durch den Raum bis er an etwas haften blieb. Erschrocken zog er die Luft laut ein. Das Tuch, welches die beiden Gegenstände verhüllte, lag anders gefaltet da. Die linke Ecke lag zu oberst, obwohl der junge Ägypter sie kunstvoll um den Hals des Kruges gelegt hatte.
Jemand war hier gewesen, jemand, der gezielt nach den Gegenständen gesucht und sie natürlich auch entdeckt hatte. Masut hatte sich sicher gefühlt und es nicht für nötig befunden, die Gegenstände zu verstecken. Dies hatte sich nun geändert.
Doch wo sollte er ein passendes Versteck finden? Er kannte nur das Beduinendorf, hatte einmal den Tierpark gesehen und diese wundervollen Kunststeine. Die Felsenbauten, groß und imposant, waren sie nicht das ideale Versteck? Konnten sie als Versteck dienen? Gab es einen besseren Ort als diesen? Doch wie sollte er dorthin noch einmal gelangen? Er kam hier nicht raus aus dem Dorf. Einzig Johann konnte es ohne Probleme verlassen und sich frei im Tierpark bewegen. Doch sollte er Johann in sein Geheimnis einweihen? Sollte er ihn den Gefahren aussetzen, in denen er nun schwebte? Er hatte so vorsichtig gehandelt, während der ganzen Fahrt auf dem Schiff über den Krug gewacht, ihn bei seiner Abreise so verpackt, als würde er einen Haufen an Kleidung und Sandalen mitnehmen. All die Vorsichtsmaßnahmen hatte er sorgfältig ausgeführt. Und als er sich in Sicherheit gewogen hatte, hatte er es nicht mehr für nötig gehalten, die Gegenstände sorgfältig zu verstecken, sondern hatte sie nur in eine Ecke seines Schlafraumes gestellt.
Das war ein Fehler gewesen, wie sich herausgestellt hatte. Nun war man hinter ihm her. Er mußte die Augen offen halten, wenn er die nächsten Monate weiterleben wollte.
Ein Lufthauch strich an seiner Wange vorbei. Reglos blieb er stehen.
Jemand war in den Raum getreten. Vielleicht derjenige, der nach dem Krug gesucht hatte? Er wußte es nicht. Traute sich auch nicht, sich umzudrehen. Lieber würde er warten bis der Feind zuschlug. Dann wäre es vorbei.
„Ich habe dich schon gesucht“, sagte eine ihm vertraute Stimme.
„Johann!“, sagte Masut sichtlich erleichtert und fiel aus seiner Starre. Alle Last fiel von ihm ab. „Was machst du? Warst du schon mal hier?“
„Ich habe dich gesucht, aber ich hatte hier noch nicht geschaut. Ich wollte dir sagen, daß ich das Beduinendorf verlassen werde. Pascal und seine Schwester werden mich zur Schule schicken.“
„Schule?“ Masut verstand nicht, was Johann ihm sagen sollte. „Muß ich da auch hin?“
„Weiß ich nicht. Wenn du nicht lesen und schreiben kannst, solltest du auch eine Schule besuchen.“
„Ich kann meinen Namen schreiben und die Bibel kann ich auch lesen. Reicht das?“
Johann lachte.
„Für dich wird es reichen, für mich nicht.“
„Kommst du dann nicht mehr?“ Masut fühlte sich auf einmal allein, fremd an diesem Ort, der nun seit Wochen schon sein Zuhause war.
„Natürlich werde ich kommen. Nur weil ich jetzt wieder zur Schule gehe und nicht mehr hier lebe, vergesse ich dich nicht. Du bist doch mein bester Freund.“
„Gehst du heute?“
„Ja, ich werde meine Sachen zusammenpacken und dann für einige Wochen bei Pascal und seiner Schwester leben bis ich dann meinem Großvater vorgestellt werde. Wenn er mich denn kennen lernen möchte.“ Johann hatte seinen Kopf gesenkt. Unsicher, zaghaft und kaum hörbar war der letzte Satz über seine Lippen gekommen. Er wußte nicht, wie sein Großvater die Nachricht auffassen würde, daß er einen Enkel habe.
Bis vor einigen Tagen hatte er nicht einmal gewußt, daß er überhaupt noch irgendwelche anderen Verwandte hatte als die Schwester seiner Mutter, die ihn wie ein Stück Vieh verkaufte, um ihn los zu sein.
Er hatte nicht gewußt, daß er einen Großvater hatte. Seine Eltern hatten nie von ihm erzählt. Nur einmal, da hatte er eine Fotografie gefunden, die er stolz seiner Mutter gezeigt hatte. Die Fotografie zeigte einen älteren Mann mit strengem Blick, aber liebevollen Augen. Und neben diesem Mann stand sein Vater. Die Mutter hatte ihm sofort die Fotografie weggenommen und ihn gescholten. Doch ihre Augen hatten etwas Trauriges angenommen, so daß Johann nicht weiter fragen wollte. Er hatte sie später noch einmal fragen wollen, wenn er älter war, doch dies war ihm nicht mehr vergönnt gewesen. Kurze Zeit später waren seine Eltern tot gewesen. Die Fotografie hatte er nie wieder gesehen. Vielleicht hatte seine Mutter sie vernichtet.
In den letzten Tagen fragte er sich immer wieder, warum er nicht zu seinem Großvater gekommen war. Hatte dieser ihn nicht haben wollen? Wenn dies tatsächlich so gewesen war, würde er ihn jetzt auch nicht haben wollen. Warum sollte er auf einmal sentimental werden und seinen Enkel jetzt doch im Haus aufnehmen? Wenn er Pech hatte müßte er wieder zu seiner Tante zurückkehren. Nein, das wollte er auf keinen Fall. Da würde er sich wieder als Beduine verkleiden und wenn er es bis zum Ende seines Lebens tun mußte. Dann hatte das Schicksal es so gewollt.
„Viel hast du nicht, daß du mitnehmen kannst.“
Masut erinnerte sich an das kleine Bündel, das sein Freund vom Schiff mitgenommen hatte.
„Soll ich von dir was mitnehmen? Den Beutel da vorne, den ich schon vor Wochen gerettet habe?“ Johann deutete auf den Krug, verborgen in einem fein gewebten Wolltuch.
Der Ägypter blickte den blonden Jungen an und sah dann auf den Krug, an dem auch das Amulett des Todes hing.
Das ihm nicht gleich die Idee gekommen war, als Johann davon sprach, das Beduinendorf zu verlassen. Er wäre die Last los und müßte sich erstmals keine Sorgen machen, wo er die Gegenstände des Verderbens unterbringen sollte, damit sie sicher waren. Doch wollte er Johann die verfluchten Gegenstände wirklich übergeben? War das Risiko nicht zu groß? Wollte er seinen Freund wirklich in Gefahr bringen, um selbst der Bedrohung zu entkommen? Johann kannte das Risiko nicht, das er eingehen würde, wenn er die Gegenstände mitnähme.
Es war nicht rechtens, was er tat, doch er mußte es tun. Für einige Wochen würde die Gefahr, die über ihm schwebte, gebannt sein. Innerhalb dieses Zeitraums mußte er sich ein passendes Versteck suchen, wo die verfluchten Gegenstände für längere Zeit, vielleicht sogar für immer, verbleiben konnten. Bis dahin waren sie bei Johann sicher. Doch die Gefahr würde nicht gebannt sein. Solange die Gegenstände existierten, war sie immer da und schwebte über ihnen.
„Kannst du das dort mitnehmen?“ Masut deutete auf den verhüllten Krug. „Er stört mich hier und ich habe Sorge, daß jemand ihn stehlen könnte.“
„Ach, deshalb wolltest du wissen, ob ich bei dir war. Klar kann ich das mitnehmen. Es ist bloß so schwer.“
Johann wollte wissen, was sich unter dem Wolltuch verbarg. Schon vor einigen Wochen hatte er es erfahren wollen, doch Masut hatte ihn vertröstet. Nun war anscheinend die Zeit gekommen, wo er ihm sagen mußte, welche Gegenstände sich unter dem Tuch befanden.
Johann selbst hatte nur Vermutungen anstellen können. Der Gegenstand hatte eine unebene Oberfläche gehabt, war in der Mitte dickbauchig und hatte einen Sockel. Der Gegenstand ließ sich auf den Boden stellen, so wie er nun stand, aber was war es? Seine Fantasie hatte nicht ausgereicht, um sich irgendwelche Gegenstände auszumalen, die dieser Form gerecht würden.
„Komm her, ich zeige dir, was du mitnehmen sollst. Aber sag nichts, Schau es dir nur an und nicht anfassen.“
Johann machte große Augen. Was nur mochte so geheimnisvoll und gefährlich zugleich sein? Befand sich eine Schlange in dem Gefäß? Ja, denn ein Gefäß mußte es sein, aber was es verbarg, konnte er sich nicht vorstellen. Es mußte gefährlich sein, schließlich durfte er es nicht anfassen. Vielleicht doch eine Schlange – eine Kobra. Noch nie im Leben hatte er eine Kobra gesehen, aber aus Erzählungen seines Vaters wußte er, daß diese Schlangen zu Flötenmusik sich bewegten. War Masut in Wirklichkeit ein Schlangenbeschwörer? Warum hatte er sich nicht dafür gemeldet, sondern arbeitete in der Glasbläserei? Er hielt die Spannung nicht mehr aus.
Vielleicht handelte es sich aber auch um ein vergiftetes Buch. Nein, welch absurder Gedanke, dafür war der Gegenstand zu rund gewesen. Wie eine Vase, genau das mußte es sein. Aber konnte eine Vase eine rauhe, unebene Oberfläche haben? Und dazu hatte es doch auch geklappert. Als er es bewegt hatte, klapperte irgendwas, daran erinnerte er sich genau. Konnte es eine Waffe sein, die Masut eingeschmuggelt hatte? Aufgeregt verfolgte Johann mit den Augen, wie sein ägyptischer Freund das Wolltuch von dem geheimnisvollen Gegenstand zog. Noch bevor er einen Blick auf den Gegenstand werfen konnte, wurde er von Masut herangewunken bis er direkt vor dem Gegenstand zum Stehen kam. Voller Vorfreude malte er sich die fantasievollsten Waffen aus, die er sich vorstellen konnte. Doch wie groß war seine Enttäuschung, als Masut den Blick freigab und eine Vase, womöglich ein Krug, zum Vorschein kam.
Wegen so einem ollen Krug hatte sein Freund so ein Geheimnis gemacht? Wegen einer langweiligen Tonvase, die vielleicht ungewöhnlich verziert war, aber nicht erklärte, warum sie Masut so wichtig war.
Johann sah etwas blinken und der Ägypter holte mit seiner Hand eine Kette aus dem Tuch hervor. Fasziniert bückte sich Johann und streckte die Hand aus, doch dann erinnerte er sich an Masuts Warnung und zog sie schnell wieder zurück.
„Die darfst du nie anfassen und schon gar nicht umhängen. Versprich es, Johann.“ Der blonde Junge verstand zwar nicht, warum er die Kette nicht anfassen durfte, doch um Masut zu beruhigen, nickte er. „Gut, ich kann dir jetzt nicht sagen, was es mit den beiden Dingen auf sich hat. Wenn ich ein passendes Versteck dafür gefunden habe, werde ich es dir sagen. Jetzt ist es gut, wenn du die Geschichte noch nicht kennst.“
Johann betrachtete die Kette, die Masut noch immer in den Händen hielt.
Rote, weiße und blaue Steine wechselten sich ab. Kleine Ringe, die aufgefädelt worden waren und in einem größeren Amulett endeten. Das Amulett schien nur aus Gold zu bestehen, wie auch die Fäden, die durch die farbigen Steinringe beinahe verdeckt waren. Irgendwie kam Johann das Edelmetall seltsam vor. Es glänzte mehr silbern als golden. Silber schien es aber auch nicht zu sein. Gab es ein Metall, daß aus einer Mischung aus Gold und Silber bestand?
Erneut wollte der blonde Junge es berühren, doch bevor er seine Hände ausgestreckt hatte, steckte Masut es in die Hüllen des Tuches zurück und auch die Vase verschwand darin.
„Du wirst ein gutes Versteck dafür finden müssen. Niemand darf das in die Hände anderer gelangen. Hörst du?“
Johann nickte, auch wenn er Masuts Drängen nicht verstand. Er würde es verstecken und dann erfahren, was es mit den beiden Gegenständen auf sich hatte. Doch wo sollte er die Vase und die Kette verstecken? Vielleicht würde sich eine Gelegenheit bieten, wenn er den Tierpark verlassen hatte. Masut hätte gewiß bereits ein passendes Versteck gefunden, wenn er die Gegenstände in seiner Nähe hätte haben wollen. Doch sie sollten irgendwo versteckt werden, wo sie nicht mit dem Ägypter in Zusammenhang gebracht werden konnten. Er – Johann – war zwar noch jung, aber er durchschaute, was sein Freund bezweckte. So glaubte er jedenfalls, daß er Masut verstand. Den Sinn des Ganzen konnte er aber nicht nachvollziehen.
„Darf ich Pascal einweihen, damit er mir hilft? Er kennt sich besser hier aus und weiß gewiß auch, wo sich so was verstecken läßt.“
„Nein!“, sagte der junge Ägypter barsch. Es konnte nicht noch jemand in dieses Geheimnis eingeweiht werden. Johann war schon eine Person zuviel. Er wollte nicht noch ein weiteres Leben gefährden. Selbst seinem Freund hätte er nicht die verfluchten Gegenstände zeigen dürfen. Und doch hatte er es getan, weil er keinen anderen Ausweg mehr sah.
„Warum denn nicht? Ich kann verstehen, wenn du mir nicht sagen willst, warum du so ein Geheimnis um beide Gegenstände machst. Aber ich muß Pascal doch erklären, was ich da mitnehme. Ich kann doch nicht sagen, daß ich es nicht weiß.“
Der blonde Junge hatte wahrlich Geduld mit seinem ägyptischen Freund gehabt, doch er konnte diese Geheimniskrämerei nicht länger ertragen. Vor Pascal brauchte Masut sich nicht zu fürchten. Noch durchschaute Johann ihn zwar nicht, aber er wußte, daß er dem jungen Tierpfleger vertrauen konnte.
„Ich kann es dir jetzt nicht erklären. Nimm die Sachen mit, wie ich dich bat.“
„Gut, aber wenn sich herausstellt, daß es Schmuggelware ist, habe ich damit nichts zu tun.“
Masut schüttelte den Kopf. Es hatte es zwar ins Land geschmuggelt, aber es war das Eigentum seiner Familie.
„Das gehört meiner Familie, seit vielen Zeiten.“
Mißtrauisch musterte ihn Johann. Masut entging dieser Blick nicht. Sollte sein Freund denken, was er wollte. Er würde so lange schweigen, wie es ihm möglich war. Niemand durfte unnötig in das Geheimnis eingeweiht und so in Gefahr gebracht werden. Wer auch immer in sein Zimmer eingedrungen war, kannte den Ort des Krugs und der Kette. Vielleicht war es Zufall gewesen und der unbekannte Eindringling hatte nicht bewußt danach gesucht, sondern war einfach neugierig gewesen, was sich unter dem Tuch verbarg. Doch dieser Unbekannte konnte reden und es möglicherweise demjenigen erzählen, vor dem er nach Europa geflohen war. Dieses Risiko durfte er nicht eingehen. Krug und Kette mußten verschwinden. Und wenn Johann zuviele Fragen stellen würde, müßte er sich eben selbst darum kümmern. Aber diese Gegenstände des Bösen mußten verschwinden, unter welchen Umständen auch immer.